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8. August 2025

Wenn das Netz unter Druck gerät: Resilienz durch Interkonnektivität und Dezentralität

Der grossflächige Stromausfall Ende April 2025 in Spanien und Portugal hat in ganz Europa für Aufmerksamkeit gesorgt.15 Gigawatt an Erzeugungsleistung fielen aus, rund 60 % der aktuellen Versorgung brachen zusammen, Millionen Menschen waren ohne Strom. Doch während die akuten Auswirkungen in Südeuropa lagen, ist die zentrale Frage für viele andere Länder: Was bedeutet ein solches Ereignis für die eigene Versorgungssicherheit und welche Lehren lassen sich daraus ziehen?Was schützt uns aktuell vor ähnlichen Szenarien? Welche Rolle spielt unsere Infrastruktur und welche Bedeutung kommt der Dezentralisierung zu?

Was in Spanien passiert ist und warum es uns betrifft

Der Vorfall ereignete sich in nur wenigen Sekunden. Wie die spanische Tageszeitung El País berichtet, lag der entscheidende Moment innerhalb eines Zeitfensters von fünf Sekunden dann war es bereits zu spät: Frequenzabweichungen breiteten sich aus, Kraftwerke wurden automatisch abgeschaltet, das Netz brach regional zusammen.

Auch in der Schweiz waren diese Frequenzänderungen messbar, jedoch ohne Unterbrechungen in der Versorgung. Ein Erfolg des Systems? Ja, aber auch ein Hinweis darauf, wie empfindlich und grenzüberschreitend das europäische Stromnetz heute reagiert.

Warum die Schweiz verschont blieb

Laut dem Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid ist das Schweizer Stromnetz eines der stabilsten in Europa. Gründe dafür sind:

  • eine robuste Netzinfrastruktur
  • umfassende Überwachungs- und Schutzsysteme
  • sowie eine enge Einbindung ins kontinentaleuropäische Verbundnetz.

Mit über 41 Verbindungen zum Ausland kann die Schweiz Schwankungen im Stromnetz besonders gut abfedern. Diese Interkonnektivität ist einerseits ein Sicherheitsnetz, andererseits aber auch ein potenzieller Pfad für Risiken von aussen.Denn: Wer eng verbunden ist, kann helfen, aber auch betroffen sein, wenn anderswo etwas schiefläuft.

Warum ein Blackout in der Schweiz dennoch unwahrscheinlich ist

Ein vollständiger landesweiter Stromausfall, wie er in Spanien und Portugal auftrat, gilt in der Schweiz als sehr unwahrscheinlich. Das liegt nicht nur an der technischen Vorsorge, sondern auch an der systemischen Einbettung in das europäische Netz.

Swissgrid ist vorbereitet: Für unterschiedlichste Szenarien existieren definierte Notfallpläne. Dazu kommen die Echtzeitüberwachung und die Fähigkeit, rasch steuernd einzugreifen. Selbst beim jüngsten Vorfall kam es in der Schweiz lediglich zu kleineren, lokalen Stromausfällen, wie zum Beispiel in Bern oder Zürich, jedoch kein flächendeckender Blackout.

Spanien hingegen ist nur an wenigen Stellen mit dem europäischen Verbundnetz verbunden, vor allem mit Frankreich. Diese begrenzte Interkonnektivität machte es schwieriger, das Ungleichgewicht zu kompensieren

Die unterschätzte Gefahr: Was passiert nach 48 oder 72 Stunden

Kurzfristige Stromausfälle sind meist beherrschbar. Kritisch wird es, wenn ein Blackout mehr als 48 oder 72 Stunden andauert. Dann sind viele Notvorräte, Treibstoffreserven oder Kommunikationskanäle erschöpft. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen wären erheblich.

Gerade deshalb ist es entscheidend, nicht nur auf kurzfristige Resilienz zu setzen, sondern auf eine systemische, vorausschauende Ausgestaltung der Energieversorgung.

Dezentralität als Schlüssel zur Resilienz

Eine der Erkenntnisse aus dem Ereignis auf der Iberischen Halbinsel ist die Bedeutung dezentraler Strukturen im Energiesystem. Dezentrale Erzeugungseinheiten, flexible Verbraucher und Speichersysteme bieten die Möglichkeit, schnell und gezielt auf Netzsituationen zu reagieren. Sie helfen, Lastspitzen zu glätten, Frequenzabweichungen abzufedern und regionale Engpässe zu überbrücken, unabhängig von zentralen Grosskraftwerken.

Doch damit diese Potenziale systemdienlich wirken können, braucht es mehr als ihre blosse Existenz. Es braucht intelligente Steuerung, vernetzte Plattformen und die Einbettung in übergeordnete Prozesse. Nur so lässt sich aus einer Vielzahl einzelner Anlagen ein flexibles, stabiles und reaktionsfähiges Gesamtsystem formen.

Vom Risiko zur aktive Systemverantwortung

Die steigende Komplexität unseres Energiesystems stellt neue Anforderungen: Versorgungssicherheit entsteht nicht mehr allein durch zentrale Reservekapazitäten, sondern zunehmend durch das koordinierte Zusammenspiel verschiedener Akteure. Unternehmen, Gemeinden und Anlagenbetreiber haben heute die Möglichkeit und Verantwortung ihre Flexibilität systemdienlich einzubringen.

Genau hier setzt VGT an: Mit unserer Plattform bündeln und steuern wir dezentrale Flexibilitäten in Echtzeit. Dadurch wird ein aktiver Beitrag zur Netzstabilität ermöglicht. Ob als steuerbarer Verbraucher, lokaler Speicher oder Erzeugungseinheit: Was früher statisch war, wird heute dynamisch. Als Teil eines virtuellen Kraftwerks agieren sie wie eine konventionelle Anlage, sind aber nachhaltiger und reaktionsschneller.

Dieses Zusammenspiel ist eine notwendige Antwort auf die Realität eines volatilen Energiemarkts, geprägt von wetterabhängiger Erzeugung, steigendem Strombedarf und wachsendem Koordinationsaufwand.

Interkonnektivität verpflichtet

Der Vorfall in Südeuropa zeigt klar: Versorgungssicherheit endet nicht an der Landesgrenze. Die Schweiz ist in hohem Masse in das europäische Stromsystem eingebunden mit über 41 grenzüberschreitenden Verbindungen. Das ist ein enormer Vorteil: Frequenzschwankungen und Laständerungen können durch diese Netzkopplung besser abgefedert werden, wie es der jüngste Vorfall eindrücklich gezeigt hat.

Doch genau diese Einbindung bedeutet auch: Wenn andernorts ein Ausfall nicht aufgefangen werden kann, muss die Schweiz ebenfalls vorbereitet sein, sowohl technisch als auch organisatorisch.

Infrastruktur, digitale Steuerung und dezentrale Beteiligung bilden gemeinsam die Grundlage für ein widerstandsfähiges Energiesystem. Nicht in Konkurrenz zur Interkonnektivität, sondern als deren stabile Ergänzung.

Quellen

  1. https://www.swissgrid.ch/de/home/newsroom/blog/2025/stromausfall-in-spanien.html
  2. https://www.swissgrid.ch/de/home/newsroom/blog/2025/wenn-das-stromnetz-unter-druck-geraet.html
  3. https://english.elpais.com/spain/2025-05-01/the-five-seconds-that-plunged-spain-into-darkness.html
  4. https://www.srf.ch/news/schweiz/stromausfall-koennte-ein-blackout-auch-in-der-schweiz-passieren
  5. https://www.srf.ch/news/schweiz/stoerung-stromausfall-in-teilen-der-stadt-bern-behoben
  6. https://www.srf.ch/news/schweiz/stadelhofen-und-bellevue-zuercher-innenstadt-ist-nach-stromausfall-wieder-am-netz
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